erste Hürde: Glasverbot!!!
Erstes Auswärtsspiel der neuen Saison, erste Mal Freitagabend. Das erste Mal Flutlicht, das erste Mal seit einem Jahr Köln. Reiner Calmund würde sagen: „Et is anjerichtet!“
Wie groß die Vorfreude auf Seiten unserer Borussia auf dieses Auswärtsspiel war, konnte man schon zum Vorverkauf bei der Hotline-Lotterie erkennen. Konnten einige wenige noch geldbeutelschonende Stehplätze ergattern, bleib anderen nichts weiter übrig, als die „günstigen“ Sitzplätze für 50 Euro und mehr zu erstehen. Wie viele treue Seelen in den nächsten Wochen nur Nudeln mit Ketchup essen können oder in der Hohensyburg alles auf Rot setzen mussten, um dem Spiel beiwohnen zu können, bleibt bei solchen Preisen wohl ein gut gehütetes Geheimnis.
Aber was macht man nicht alles für seine große Liebe und so fand sich nach anstrengender Arbeitswoche ein ansehnliches Grüppchen der BUS BORUSSEN am Dortmunder ZOB ein, um natürlich auch diese, wenn auch kurze Fahrt mit dem eigens eingesetzten Bus anzutreten. Die internen Mitfahrer wurden im Gegensatz zum Spiel in Düsseldorf sogar noch verstärkt, nutzten doch noch mehr Mitglieder Überstunden, Urlaubstage oder den Tod einer der zahlreichen Großmütter, um der Anreise mit dem Entlastungszug zu entgehen und zwar früher aber auch komfortabler Richtung Köln aufzubrechen. Klimaanlage und gekühlte Bierversorgung wiegen am Ende doch schwerer als eine etwas spätere Abfahrt, spart man sich doch den Saunagang auf Kosten der Deutschen Bahn.
Und kaum hatte man Dortmund hinter sich gelassen, erreichte man auch schon das Müngersdorfer Stadion. Schon bei Ankunft konnte man sich glücklich schätzen, dass der FC wieder den Weg in die erste Liga gefunden hat. Das Stadion an sich, sowie die Anlagen drum herum sind trotz des relativ jungen Alters ein schöner Kontrast zur Nullachtfuffzehn-Arena am Autobahnkreuz XY eines mittelmäßigen Bundesligisten. Die Nähe der aktiven Fanszenen beider Vereine zueinander macht den Besuch in der Domstadt zusätzlich angenehm, kann man sich doch relativ befreit im Stadionumfeld bewegen, sofern man gesunden Respekt und Menschenverstand walten lässt.
Die erste Herausforderung des Tages stellte somit das Glasverbot dar, welches die einzelnen Mitglieder nach Ankunft dazu motivierte, ein bis acht Brinkhoffs mit Gruß an den blauen Reviernachbarn in einem Zug zu leeren.
Nach dieser leichten Aufwärmphase stellte die zweite Hürde des Tages schon eine größere Aufgabe dar. Die Einlasssituation des Gästeblocks wurde so verändert, dass man nun im Gegensatz zu den Vorjahren verschieden Eingänge für Steh- und Sitzbereich nutzen muss. Schlau gemacht von den Kölnern. Aber nicht schlau genau, zumindest für einen der unseren, der trotz schier aussichtsloser Lage den Weg in den Steher fand. Auf der Gegentribüne positionierte sich der Rest der Busbesatzung direkt über dem Mundloch des ersten Aufgangs und traf dort auch auf sangesfreudige Gleichgesinnte.
Zum Einlauf der Mannschaften ein gewohnt Starkes Bild in der Heimkurve, aber auch unser Haufen erwischte einen guten Tag und startete stimmgewaltig in die Partie (rein subjektive Wahrnehmung; gegebenenfalls durch Alkohol befeuerter Euphemismus). Auf dem Platz hingegen startete unsere Borussia eher verhalten in die Partie. Köln nicht gut, aber es reichte, um unsere Elf vom eigenen Tor fern zu halten. Und wer sie vorn nicht macht, der weiß spätestens seit Fifa 2002 (unvergessener Cover-Boy: unser Gerald) was folgt: Ecke, Gewusel, Kopfball, noch ein Kopfball, und schon liegt man hinten. Dass mit Drexler ein Spieler gegen unsere Borussia trifft, der bislang 29 Jahre maximal zweitklassig unterwegs war, passt da ins Bild.
Zur zweiten Hälfte erhoffte man sich Besserung und zunächst sahen Favres Mannen zumindest auch verbessert aus. Aber nach ein paar mehr oder weniger gefährlichen Situationen für Schwarz-Gelb lag der Ball schon wieder in unserem Kasten. Mit zwei Toren hinten beim Aufsteiger und dann nur Kölsch im Stadion – geht es schlimmer?
Favre reagierte, wechselte und wurde belohnt. Sancho, natürlich Sancho markierte den ersten Treffer für die Bierhauptstadt. Dieser Mann ist ein Phänomen, trifft er doch aus Positionen mit einer fast unglaublichen Sicherheit, aus denen man sich sonst höchstens eine Ecke erhoffte. Selten gab es wohl einen Spieler in unseren Reihen, der aus spitzem Winkel von der Strafraumkante so zielsicher den Innenpfosten des langen Ecks anvisiert.
Man spürte direkt, dass hier und jetzt noch etwas ging und Piszu dachte sich wohl das selbe als er kurz darauf mit aller Ruhe eines Mittdreißigers Maß nahm und butterweich für Hakimi servierte. Ausgleich!!! Eskalation, selbst auf der Gegentribüne. Nun nahmen die Feierlichkeiten ihren Lauf, hatte man doch einen Punkt erobert. Doch noch war nicht Schluss, denn in der Nachspielzeit sicherte Paco wirklich noch den Dreier. Unverständlich, dass die Kölner in dieser Situation so weit aufgerückt waren. Der Konter war fast zu einfach, um wahr zu sein.
Egal, Sieg ist Sieg und die Reisegruppe konnte sich beschwingt auf den kurzen Heimweg machen. Ein solcher Spielverlauf trostet schließlich über jede schwache Anfangsphase hinweg. Eine Leistung, auf der man zumindest mental aufbauen kann. Spielerisch kann man sich wahrscheinlich bei den Eisernen aus Berlin wieder mehr finden und beißt sich dort hoffentlich nicht sprichwörtlich die Zähne aus.
P.S.:
Irgendwo auf der A46 bei Wuppertal teilte man dem Autor dieser Zeilen mit, dass der zweite Treffer für Köln angeblich wegen einer Abseitsposition aberkannt wurde. Da aber jeder weiß, dass man selbst dem Videoschiri nicht trauen kann, gewinnt unsere Borussia in seiner Welt mit 3:2. Sollte dieses Tor am Ende der Saison den Ausschlag zur Meisterschaft geben, verpflichtet er sich hiermit einen Kasten Bier für das nächste Sommerfest bereitzustellen.